Angst umarmen

Angst ist für die Seele ebenso gesund wie ein Bad für den Körper.

Maxim Gorkij

Wie gehst du mit deiner Angst um? Lass mich raten: Du willst sie am liebsten loswerden. Abschütteln. Bekämpfen. Eliminieren. Sie soll schnell verschwinden und am besten nie mehr wiederkommen.

Sie ist ja auch eklig. Nervt dich. Bremst dich aus. Verhindert, dass du Dinge machst, die du im Innersten willst. Stellt dir immer wieder ein Bein, krabbelt an dir herum wie lästiges Ungeziefer.

Kein Wunder, dass du sie am liebsten an die Wand klatschen würdest wie eine Mücke, die dir den Nachtschlaf raubt. Oder sie packen, ab ins Meer, einen schweren Stein dran, auf Nimmerwiedersehen.

All diese Gedanken und Verhaltensweisen kann ich absolut nachvollziehen. Fast mein gesamten Leben bin ich ebenso mit meiner Angst umgegangen.

Die Angst kontert mit heftigen Gegenangriffen

Das Problem: Es funktioniert nicht. Den Kampf mit der Angst kannst du nicht gewinnen. Jeden Angriff kontert sie mit heftigen Gegenangriffen.

Und sie ist zäh. Wenn du glaubst, der Ringrichter hebt schon die Hand, um dich zum Sieger zu erklären, steht sie noch einmal auf und haut dir zwischen die Rippen.

Also was tun? Wie kannst du einen Gegner besiegen, der über solche Kräfte verfügt? Die einfache Antwort lautet: gar nicht.

Du hast nur eine Möglichkeit, aus deinem Feind im Inneren einen Freund zu machen. Sag Hallo zur Angst und umarme sie!

Akzeptiere, dass die Angst da ist

Akzeptiere, dass sie da ist. Dass sie dich begleitet. Ein Leben lang. Und was ist geschickter, wenn man mit jemandem ein Leben lang zusammen ist: ihn täglich mit großer Härte zu bekämpfen oder gut zu ihm zu sein? Genau …

Dir ist das jetzt zu theoretisch? Dann erzähle ich dir, wie ich seit eineinhalb Jahren mit meiner Angst umgehe. Vielleicht lachst du über das, was ich jetzt schreibe und denkst: “So ein Spinner.” Geschenkt. Hauptsache ich weiß, dass es bei mir funktioniert.

Immer, wenn ich das Gefühl habe, dass die Angst an mir herauf kriecht und mich in Beschlag nehmen will, fange ich an mit meinem inneren Kind zu reden. Dem kleinen Mischa, der die Angst vor so Vielem von ganz klein auf mit sich herum getragen hat.

Ich frage ihn, was es denn ist, dass ihn gerade ängstigt. Und warum gerade jetzt das Angstgefühl aufkommt. Daraufhin entwickelt sich ein mehrminütiges Gespräch, das mir die Augen öffnet.

Durch das Hineinhören in mich, das Annehmen, das bewusste Spüren kommen die Antworten ganz von selbst. Es hilft mir, dass ich mir meiner Gefühle bewusst werde und gewisse Verhaltensweisen überdenke.

Wenn die Angst “Guten Tag” sagt, ist das oft ein Zeichen, dass …

  • ich nicht gut genug mit mir umgegangen bin
  • ich mir zu viel zugemutet habe
  • ich irgend einer Sache aus dem Weg gegangen bin
  • mir gewisse Menschen nicht gut tun
  • ich beginne, mich wieder zu sehr in meiner Sicherheitszone einzurichten.

Ist das Problem identifiziert, kann ich wirklich auf die Angst zugehen, Hallo sagen, sie umarmen und ihr zuflüstern: “Ich weiß, warum du da bist. Und das ist auch okay. Aber so gerne ich dich mag: Ich werde mich von dir nicht mehr aufhalten lassen.

Das erleichtert ungemein. Denn plötzlich bist du nicht mehr das Opfer, das vor der Angst wegrennt, sie irgendwie verdrängen will. Du spielst das alte Spiel nicht mehr mit. Du siehst ihr ins Gesicht und lächelst.

Du glaubst, sie würde nicht zurücklächeln? Probier es aus! Wahrscheinlich wirst du eine große Überraschung erleben.

Das Fazit

Das, was ich hier beschrieben habe, hätte ich noch vor zwei Jahren als absoluten Humbug abgetan. Was daran lag, dass ich das Gefühl zu mir und meinem Körper verloren hatte.

Die Tatsache, dass ich seit 18 Monaten keine Panikattacke mehr hatte (und hoffentlich auch nie mehr eine haben werde) und dass ich so viele Dinge gewagt habe, die sonst unvorstellbar gewesen wären, zeigt mir, dass ich mit meiner Methode nicht ganz falsch liegen kann.

Hallo sagen und umarmen fühlt sich nun einmal wesentlich besser an, als ewig erfolglos zu kämpfen.

Welche Methode hast du zur Angstbewältigung? Ich bin gespannt auf deinen Kommentar.

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