Eine der größten Herausforderungen des Lebens – wenn nicht gar die größte überhaupt – ist es, seinen Ängsten ins Auge zu schauen. Viele kleine und große Ängste hindern uns täglich daran, unser Leben in all seinen Möglichkeiten auszuschöpfen. 

In der Serie “Nur Mut”, die regelmäßig auf diesem Blog erscheint, befrage ich Menschen, die sich ihren Ängsten in den unterschiedlichsten Bereichen gestellt haben oder stellen, die mutig durchs Leben schreiten.

Im 12. Teil der Serie spreche ich mit Maike Engel. Die 34-jährige Hamburgerin hat nach einer Ausbildung als Versicherungskauffrau viele Erfahrungen in den unterschiedlichsten Jobs im Bereich Medien und Events gesammelt. Aus gesundheitlichen Gründen stieg sie aus der Medienbranche aus und reiste längere Zeit durch Südostasien.

Zurück in der Heimat ist sie nun inspiriert und motiviert für neue Abenteuer. Daraus entstand das Projekt Camp Breakout – Maikes erster mutiger Schritt in die Selbstständigkeit. Mit dem viertägigen Sommercamp für Erwachsene möchte sie andere Menschen motivieren, inspirieren und den nötigen Anstoß geben, auf spielerische Art aus dem routinebeladenen und stressigen Alltag auszubrechen, zu lachen, viel auszuprobieren, gemeinsam Sport zu treiben, zu tanzen, zu singen und am Lagerfeuer zu sitzen. Camp Breakout ist für sie die Erfüllung eines Traumes, für dessen Verwirklichung sie Unterstützer mit dieser Crowdfundig-Kampagne auf Startnext sucht.

Hallo Maike, wie viel Kind steckt noch in dir?

Maike: Ich war schon in der Schule immer der Klassenclown und konnte mich nur schwer auf den Unterricht konzentrieren – sehr zum Leid der Lehrer, wenn ich heute drüber nachdenke. Ich wurde damals oft des Unterrichts verwiesen, da ich mich einfach nicht zusammenreißen konnte. Heute ist das teilweise immer noch so: Ob bei der Arbeit oder unter Freunden – ich liebe es albern zu sein, mich zu verkleiden und einfach losgelöst Spaß zu haben – ohne Rücksicht darauf, was andere von mir denken könnten. Manchmal hole ich mit Freunden meine im Keller vergrabene Kostümkiste raus und wir verkleiden uns, schlüpfen in andere Rollen und machen einfach nur Blödsinn.

Das klingt nach verdammt viel Lebensfreude. Ich selbst fühle mich auch gar nicht erwachsen im Sinne von „Huh ist das Leben ernst“, sondern würde mich am liebsten immer mit jedem Dreijährigen zusammen in die nächste Pfütze werfen. Wie wichtig ist es, dass wir uns diesen Spieltrieb erhalten?

Maike: Heutzutage gibt es genug Situationen, in denen wir – unfreiwillig oder freiwillig – „seriös“ sein müssen. Ob als Geschäftsführer, Lehrer oder als Eltern, die meiste Zeit des Tages wird von uns erwartet, dass wir Seriosität an den Tag legen oder ein Vorbild für andere sind. Das kann unter anderem sehr anstrengend sein und zusätzlich zum alltäglichen Zeitdruck und Stress zu einem Burnout führen. Einfach mal alles abzuwerfen und einfach nur man selbst zu sein, baut Stress ab, wirkt befreiend und kann eine Heilung für unsere Seele sein. Je älter wir werden, umso wichtiger ist es, das Kind in uns zu bewahren. Insbesondere Menschen ohne Kinder werden immer seltener damit konfrontiert – das möchte ich mit Camp Breakout ändern!

When everyday life is getting you down,
it’s time for an adventure! (Maikes Lebensmotto)

Wie bist du überhaupt auf die Idee für das Camp Breakout gekommen und was hat das mit Angst und Depressionen zu tun, mit denen du auch deine Erfahrungen gemacht hast?

Maike: Vor einigen Jahren habe ich selbst an einer sogenannten Angst-Depression gelitten. Verursacht wurde dies durch den überaus stressigen Job, den Erwartungen der Gesellschaft, den Anspruch an mich selbst und den damit zusammenhängenden Perfektionismus, den ich an den Tag legte. Perfekt zu sein in allem, was man tut und das Streben nach Anerkennung haben letztendlich dazu geführt, dass ich irgendwann nicht mehr konnte. Es hat einige Zeit gedauert, bis ich wieder einigermaßen auf dem Damm war.

Nach einer gefühlten Ewigkeit habe ich mich dann von einem Tag auf den anderen von meinem Job, meiner Wohnung und meiner Beziehung verabschiedet und bin für 6 Monate auf große Reise gegangen. Dort konnte ich meine Gedanken ein wenig ordnen und darüber nachdenken, was ich wirklich vom Leben will. Wieder zurück in Deutschland habe ich dann angefangen einige Ideen zu konkretisieren.

Eines Tages spazierte ich mit einer Freundin durch die Hamburger Schanze und sah ein Kind in einer Wasserpfütze spielen. Ich sagte zu ihr „Wäre es nicht schön, wenn es einen Orte gäbe, wo man wieder ganz Kind sein dürfte ohne, dass es einem peinlich ist?” Das war wohl der ausschlaggebende Moment für mein Projekt. Danach nahm alles seinen Lauf…

Camp Breakout

Maike Engel

Welche Rolle spielt das Thema „Ängste ablegen“ im Camp? Ich sage nur: Smartphone-freier Urlaub und Schlafen in Mehrbettzimmern …

Ängste sind meistens unterschwellig präsent und sie existieren in jedem von uns. In meiner Zeit auf Reisen habe ich gelernt, dass man seinen inneren Schweinehund überwinden muss, um neue Erfahrungen zu machen und Abenteuer zu erleben.

Wenn man seine Ängste überwindet, dann scheint auch alles andere nicht mehr so schwer – zum Beispiel, das Hamsterrad einmal kurz anzuhalten und in sich hineinzuhören.

Bei Ankunft im Camp Breakout müssen alle Teilnehmer ihre Smartphones in die Wüste schicken. Nur für absolute Notfälle wird es eine „Telefonbox“ geben. Hier werden die meisten Camper bereits mit ihren Ängsten konfrontiert: Nicht erreichbar und ständig up-to-date zu sein, ist heutzutage eine der größten Ängste in der Gesellschaft. Was die meisten wissen, aber nicht verinnerlichen, wenn sie mal komplett „offline“ sind: Die Welt wird nicht untergehen und wir können endlich mal wieder richtig abschalten.

Als eher ältere Backpackerin auf Reisen habe ich gemerkt, wie voreingenommen bzw. ängstlich ich im Vergleich zu jüngeren Reisenden in manchen Situationen  war. Zum Beispiel war ich nicht von Anfang an begeistert von der Idee, mit mehreren Leuten ein Zimmer zu teilen – zumal die Schlafgewohnheiten im Laufe der Jahre ja nicht weniger werden. Alle Sorge war total unnötig – ich hatte die tollsten Gespräche und schlief wie ein Stein.

Wir müssen uns manchmal nur auf etwas einlassen, um zu erfahren, dass es am Ende doch nicht schlimm ist und sogar eine positive Wirkung auf uns hat. Zurück in Deutschland habe ich das übrigens fortgeführt. Ich übernachte oft bei Freunden und Verwandten, einfach nur, um mal dem Alltag zu entkommen und in ein anderes Leben einzutauchen.

Kernpunkt des Camps sind die vielen Aktivitäten, denen sich die Erwachsenen nach Lust und Laune widmen können. Hast du auch festgestellt, dass ab einem gewissen Alter die Hemmschwelle, etwas Neues auszuprobieren, gewaltig sind und stattdessen oft die Glaubenssätze „Das kann ich nicht“, „Da bin ich nicht fit genug“, „Da bin ich zu alt dafür“, „Das ist mir peinlich“ oder ähnliches zu hören sind?

Je älter ich werde, umso öfter höre ich das natürlich. Man ist aber für nichts zu alt und nichts sollte uns peinlich sein, solange wir Spaß daran haben. Neues auszuprobieren, bereichert das Leben und öffnet neue Türen. Probieren geht über Studieren, das haben uns doch unsere Eltern schon gesagt. Was hilft diese Hemmschwelle zu überwinden: Erinnern wir uns doch in diesem Moment einfach an damals, als wir uns noch unbefangen in die Abenteuer gestürzt haben und ohne eine Sekunde zu zögern Neues ausprobiert haben. Das hat uns die schönste Zeit beschert. Es ist nie zu spät für Abenteuer!

Dazu fällt mir glatt der Spruch von Chili Davis ein: „Growing old is mandatory; growing up is optional“

Wie schafft ihr es, dass die Menschen aus ihrer „Wir müssen doch serös sein“-Rolle schlüpfen und wieder zum lustigen Spielkind werden?

Das Camp-Gelände im Wald mit bunten Blockhütten, Lagerfeuerstellen und diversen Sport- und Spielwiesen schafft bereits eine nostalgische Stimmung, so dass sich die Leute bereits bei Ankunft in ihre Kindheit zurückversetzt fühlen.

Jeder ankommende Camper wird durch ein Empfangs-Komitee in der Camp Breakout Familie herzlich aufgenommen und gefeiert. Er bekommt bei der Registrierung einen „Spitznamen“, den er für die gesamten 4 Tage im Camp annimmt. In dem Moment, wo der Teilnehmer seinen richtigen Namen ablegt, legt er auch seine „seriöse Rolle“, seinen Status im Job und die damit verbundenen Konventionen des täglichen Lebens ab. Camp Breakout soll ein Ort sein, an dem jeder so sein kann, wie er möchte.

Nachdem die Camper ihre Hütten bezogen haben, gibt es ein erstes Get-Together und eine kleine Willkommens-Zeremonie am Camp-Feuer mit Stockbrot und Grillbuffet. Hier können in entspannter Atmosphäre die ersten echten Gespräche und Verabredungen zu Aktivitäten für die nächsten Tage entstehen. Außerdem wird es einen sogenannten „Oberhäuptling“ (einen Klassenclown) geben und eine immer gut gelaunte Camp-Crew, die einige Gruppenaktivitäten anleitet – und sollten sie noch so albern sein. Wir kümmern uns darum, dass die Teilnehmer inspiriert werden, etwas Neues auszuprobieren. Wir wollen sie dabei aber nicht zwingen. Jeder macht das, wozu er gerade Lust hat. Manche Menschen brauchen aber einfach diesen gewissen Anschubser – das habe ich bei meiner Arbeit als Animateurin und auf meiner Reise als Backpackerin gelernt.

Ich finde das Projekt genial und bewundere deinen Mut. Hast du auch sonst genug positive Unterstützung in deinem Umfeld oder sind da auch die üblichen Zweifler?

Als ich im letzten Jahr anfing mit dem Projekt, waren alle total begeistert und fanden das Projekt großartig. Im Laufe der Planung wurde das Verständnis und die Unterstützung meiner Arbeit immer geringer. Ich denke, das liegt unter anderem daran, dass ich zeitlich nur noch begrenzt zur Verfügung stand und die üblichen Partys und Freizeitaktivitäten, die für mich sonst Pflichtprogramm waren, immer unwichtiger wurden. Gerade jetzt merke ich, wie wichtig die Unterstützung meiner Familie ist und wer meine richtigen Freunde sind.

Welche Herausforderungen stellen sich, wenn du so ein Projekt über Startnext finanzierst?

Die Planung der Crowdfunding-Kampagne gestaltete sich aufwendiger als ich ursprünglich gedacht hatte. Ende letzten Jahres war ich der Überzeugung, dass mit einem coolen Video und ein paar Facebook-Posts der Kampagne das Ganze sofort ins Rollen kommt. Schließlich hatte ich im Freundes- und Bekanntenkreis schon ordentlich Wirbel gemacht und bei Start der Kampagne schon einen großen Interessentenkreis angesammelt. Im Laufe der ersten Finanzierungstage zeigte sich jedoch, dass das Verständnis für das Thema Crowdfunding noch nicht ganz in Deutschland angekommen ist. Es bedarf noch sehr viel Erklärung und sehr viel Arbeit, bis jemand auf der Crowdfunding Plattform eine Unterstützung einstellt – selbst im Freundes- und Bekanntenkreis. Eine weitere Herausforderung bei der Kampagne war auch, dass ich mich nochmal intensiver mit den Themen Zielgruppe, Ziele und Finanzierung auseinandersetzen musste. Ich hab außerdem gelernt, wie man zum Beispiel ein Drehbuch schreibt und ein Storyboard für einen Filmdreh anfertigt.

Wie wichtig ist dir das Gelingen des Projekts in Hinblick auf deine weitere berufliche Zukunft?

Sehr wichtig! Jedoch glaube ich daran, wenn es mit Camp Breakout nicht funktioniert, dass es dann eben so sein soll. Wenn etwas nicht so läuft oder genauso klappt, wie man es sich vorgestellt hat, dann ist es für etwas anderes gut oder es lenkt einen in die richtige Richtung. Ich habe noch viele Ideen im Kopf – eine davon wird definitiv funktionieren.

Was möchtest du dir selbst gerne Schönes sagen, wenn das zweite Camp am 28. August vorbei ist?

Ich habe die tollsten Menschen kennengelernt und zusammengebracht. Wir hatten den geilsten Sommer unseres Lebens! Das nächste Camp Breakout kann kommen!

Falls du Maikes mutiges Projekt unterstützen willst, klicke einfach hier: https://www.startnext.com/campbreakout

Wie gefällt dir die Idee eines Erwachsenen-Sommercamps? Nimmst du dir manchmal Zeit für Spiele und zwanglose Freude? Wie wichtig ist es, dass wir manchmal ausbrechen? Ich freue mich auf deinen Kommentar!